Verfall von Urlaubsansprüchen: Neue Rechtsprechung des EuGH
Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen (§ 7 Abs.3 S.1 BUrlG).
Kann der Urlaub aus dringenden betrieblichen (z.B. die Überlastung einer Abteilung) oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (z. B. Arbeitsunfähigkeit) nicht angetreten werden, so muss der Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs.3 S.2 BUrlG).
Ist der Arbeitnehmer wegen fortdauernder Krankheit gehindert, den Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres zu nehmen, so verfällt zumindest der gesetzliche Urlaubsanspruch (Mindesturlaub) nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (z. B. Urlaub aus 2017 verfällt zum 31.03.19). Mehrurlaub, also Urlaub, der über den gesetzlichen Urlaub hinausgeht, kann bei entsprechender arbeits-/tarifvertraglicher Vereinbarung weiterhin nach den allgemeinen Grundsätzen verfallen.
Der EuGH entschied nun Ende 2018, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub entgegen § 7 Abs.3 BUrlG nur dann verfallen kann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaub zu nehmen. D. h. der Arbeitgeber muss nun den Arbeitnehmer rechtzeitig über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehren. Da der Arbeitgeber die Beweislast für die korrekte Belehrung trägt, ist anzuraten, diese schriftlich vorzunehmen. Erst wenn der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub von sich aus nicht nimmt, verfällt er nach den allgemeinen Grundsätzen. Diese Entscheidung, die das BAG zwischenzeitlich umgesetzt hat, stellt eine Kehrtwende der bisherigen Rechtsprechung dar, wonach der Arbeitnehmer aktiv werden musste, um seinen Urlaub zu erhalten. Auch diese Rechtsprechung des EuGH gilt nur für den gesetzlichen Urlaub (Mindesturlaub). Dies bedeutet, dass arbeitsvertraglich geregelt werden kann, dass ein Mehrurlaub gleichwohl verfällt.
Bislang ist ungeklärt, wie die vom EuGH geforderte Belehrung im Einzelnen ablaufen muss. Ein Anschlag am Schwarzen Brett wird nicht genügen.
Eine mögliche Formulierung in Form einer Rund-E-Mail finden Sie auf: Urlaubsrechtsprechung