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Kurz notiert

Deutschland braucht nach Gerichtsurteil rasch praktikables Arbeitszeitgesetz

Das Bundesarbeitsgericht hat Anfang September geurteilt, dass Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zwingend systematisch erfassen müssen. Mit Verweis auf das Arbeitsschutzgesetz seien davon Selbstständige, leitende Angestellte und Geschäftsführungen nicht betroffen. Das Gericht bezieht sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019, das Deutschland noch nicht umgesetzt hat. Das Bundesarbeitsministerium hat angekündigt, zügig einen Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu entwerfen und dabei die noch ausstehende Urteilsbegründung zu berücksichtigen. Eile ist geboten, um Rechtssicherheit zu schaffen. Die Betriebe und ihre Beschäftigten müssen wissen, wie die Arbeitszeit künftig erfasst werden soll. Sie brauchen ein praktikables Gesetz, das auch Lösungen für Vertrauensarbeitszeiten, Branchenvereinbarungen, Homeoffice und mobile Arbeit vorsieht.



Vor- und Nachteile müssen bei Regelungen zur Kurzarbeit abgewogen werden

Die Bundesregierung hat Ende August beschlossen, den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld nochmals um drei Monate bis Ende Dezember 2022 zu verlängern. Grund hierfür seien die Kriegsfolgen für viele Unternehmen. Damit soll weiterhin ein Mindestanteil der von Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten von 10 % gelten und auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden verzichtet werden können. Diese Regelungen haben sich als wichtiges Instrument erwiesen, um Beschäftigung in Krisenzeiten zu sichern. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, dass sich der Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsstruktur immer mehr verfestigen und immer weniger anpassungsfähig an veränderte Bedingungen werden. Daher müssen mit jeder Verlängerung die Vor- und Nachteile dieser Regelungen abgewogen werden. Wenn die Nachteile überwiegen, sollten die Regelungen auslaufen.



Betrieben kommt mehr Verantwortung mit gelockerten Corona-Vorgaben zu

Die Bundesregierung hat Ende August die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung verabschiedet. Sie soll vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten. Der Beschluss schwächt den ursprünglichen Entwurf ab. Damit kehrt die Bundesregierung nicht zu einer Homeoffice- und einer Testangebotspflicht zurück. Beide Instrumente sollen nun lediglich von den Betrieben geprüft werden. Wenn der Bund keine kostenfreien sog. Bürgertests mehr finanzieren will, dann ist es nur konsequent, dass die Unternehmen nicht zu kostenfreien Testangeboten verpflichtet werden. Allerdings kommt damit den Betrieben mehr Verantwortung zu. Sie müssen nun ausreichende Schutzvorkehrungen für ihre Beschäftigten sicherstellen – je nachdem, wie sich das Infektionsgeschehen zeitlich und räumlich entwickelt. Wo es möglich ist, sollten die Betriebe ihren Beschäftigten Homeoffice gestatten und bei Bedarf kostenfreie Tests bereitstellen.



Gesetzliche Krankenversicherung wird auf Kosten des Handwerks stabilisiert

Die Bundesregierung hat Ende Juli einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung stabilisiert werden soll. Damit wird der Zusatzbeitrag voraussichtlich um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 % steigen. Die Bundesregierung begründet diesen Schritt mit dem Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 17 Mrd. Euro. In den regierungsinternen Verhandlungen soll Finanzminister Lindner darauf bestanden haben, die Schuldenbremse einzuhalten und damit den Bundeszuschuss nicht weiter zu erhöhen als vorgesehen. Dagegen habe laut Medienberichten Gesundheitsminister Lauterbach Leistungskürzungen ausgeschlossen. Damit werden die Ausgaben nicht begrenzt und die Einnahmen nicht genügend auf andere Weise erhöht. Es zahlen nun vor allem die Betriebe und ihre Beschäftigten. Damit ist die langjährige Garantie früherer Bundesregierungen endgültig Geschichte, dass die Gesamtbeitragsquote nicht über 40 % steigt.



Handwerk wird durch geänderte Bauförderung zusätzlich belastet

Die Bundesregierung hat Ende Juli die geänderte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf den Weg gebracht. Jährlich sollen 13 Mrd. Euro für die Sanierungsförderung und 1 Mrd. Euro für die Neubauförderung bereitgestellt werden. Damit ist zum einen das Fördervolumen deutlich rückläufig. Zum anderen wird der Schwerpunkt von der Neubau- auf die Sanierungsförderung verlagert. Die Bundesregierung begründet dies damit, dass mit Sanierungen mehr Energie eingespart werden könne als mit Neubauten. Zudem sollen die Fördersätze gekürzt werden, um mehr Anträge bewilligen zu können. Kritisch zu betrachten ist erstens, dass die Regelungen zum wiederholten Mal kurzfristig geändert werden – auf Kosten der Planungssicherheit. Zweitens sind künftig weniger Sanierungen und noch weniger Neubauvorhaben zu befürchten. Das belastet das ohnehin schon wegen der Krisenfolgen angeschlagene und für Schwaben so wichtige Bau- und Ausbauhandwerk zusätzlich.



Schutz von Hinweisgebern geht über EU-Vorgaben unnötig hinaus

Die Bundesregierung hat Ende Juli den Entwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen. Beschäftigte sollen auf dieser Grundlage interne oder externe Meldestellen über Missstände oder Rechtsverstöße in Betrieben informieren können. Unternehmen ab 50 Beschäftigten sollen eine interne Meldestelle vorhalten müssen. Beschäftigte, die sich an eine Meldestelle wenden, sollen vor Benachteiligungen seitens ihrer Betriebe geschützt werden. Letztere sollen berechtigte Gründe für Benachteiligungen nachweisen müssen. Der durchaus nachvollziehbare Nutzen des geplanten Gesetzes muss jedoch mit den Kosten in Form von zusätzlicher Bürokratie angemessen abgewogen werden. Ob dies gelungen ist, ist fraglich. Denn der Text geht über die Vorgaben der zugrundeliegenden EU-Richtlinie hinaus. Zudem ignoriert die Bundesregierung die Empfehlung dieser Richtlinie, im Falle beider Meldekanäle Missstände oder Rechtsverstöße erst an eine interne Stelle melden zu müssen.

Joachim Schneider

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